Orgel gedreht, Frust geerntet
Kein Drehorgel-Festival in
diesem Jahr - Den Dreh mit den Finanzquellen nicht gefunden
St. Gallen wird nicht zur
Drehorgel-Stadt. Sechs Mal wurde das kleine Sommerfestival durchgeführt. Doch
dieses Jahr bleiben die Leierkästen stumm. Es fehlte an Geld und an Resonanz.
von josef osterwalder
Drehorgel-Treffen können zu
Grossanlässen werden. Beim diesjährigen Festival in Thun fanden sich am 13.
Juli rund 40 000 Besucherinnen und Besucher in der Stadt ein. Dabei gehört
bei den Drehorgelspielern Thun nicht einmal zu den beliebtesten Spielplätzen.
St. Gallen habe einen weit besseren Ruf, sagt Werner Thönig, der Initiant
des hiesigen Drehorgelfestes. In Thun drängen sich über dreihundert
Spielerinnen und Spieler in die Gassen, sodass man vor lauter Klängen die
eigene Leier nicht mehr hört. In St. Gallen jedoch wurde gezielt
eingeladen, achteten die Initianten darauf, möglichst unterschiedliche
Instrumente in die Stadt zu bringen. Nicht Klangmasse, sondern Klangvielfalt war
das Ziel.
Teures Waaghaus-Fenster
War - denn das Drehorgelfest
steht nicht mehr auf dem Veranstaltungskalender. Bereits letztes Jahr mussten
die Initianten einsehen, dass ihr Fest zu wenig Rückhalt geniesst. «So beliebt
das Fest bei Spielerinnen, Spielern und der Bevölkerung war, uns fehlte mehr
und mehr die Unterstützung von Sponsoren und der öffentlichen Hand», sagt
Werner Thönig, der vor sieben Jahren das erste Festival auf die Beine gestellt
hatte; zusammen mit Doris und Bruno Bischof, auf deren Organisationserfahrung er
zählen konnte. Gerade dreihundert Franken habe man in all der Zeit einmal von
der Stadt erhalten, sagt Thönig. Wobei weit schwerer wiegt, dass jedes Mal auch
der Einbau der grossen Fenster ins Waaghaus bezahlt werden musste: «Wir
brauchen ein Lokal, bei dem man mit den Drehorgeln ebenerdig einfahren kann.»
Rund eineinhalbtausend Franken habe man für den Einbau ausgegeben.
Vom Einbruch entmutigt
Etwa 6000 Franken müsste das
OK beieinander haben, um sorglos ein weiteres Festival starten zu können. Doch
die Gelder der Sponsoren, die mit einem Inserat im Programmheft vertreten
sind, flössen immer spärlicher, sagt der Initiant. «Wir haben uns alle
erdenkliche Mühe gegeben bei der Sponsorensuche», sagt Doris Bischof, «gewiss
hat es immer wieder auch Lichtblicke gegeben, aber aufs Ganze gesehen, war dies
doch zu wenig.» Kommt hinzu, dass letztes Jahr in das Waaghaus eingebrochen,
ganze Wein- und Bierkisten abtransportiert und Unrat über den Hallenboden hin
verstreut wurde. Damals mussten die Initianten einsehen, dass es so nicht
weitergeht. «Es ist uns einfach irgendwie verleidet», erklärt Doris Bischof
die Gefühlslage. Beigetragen hat dazu auch, dass man von den
Gassengesellschaften kaum ein Echo, schon gar kein anerkennendes bekam. Man fühlte
sich in der Altstadt eher geduldet denn erwünscht.
Ein neuer Anlauf?
Ob sich das Rad zurückdrehen,
in einem Jahr vielleicht doch wieder ein Orgelfestival organisieren lässt? André
Gunz, Kulturbeauftragter der Stadt, ist auf Anfrage überrascht, dass das
Drehorgelfest nicht stattfindet. Die Stadt sei in jüngerer Zeit von den
Organisatoren nicht angefragt worden. «Wir wären gewiss gesprächsbereit»,
sagt Gunz, «genauso wie wir auch dieses Jahr das Strassenmalfestival vom 30./
31. August unterstützen.» Da ist vielleicht die Leier doch nicht endgültig im
Kasten verschwunden, könnte es nächstes Jahr doch wieder ein Drehorgelfest
geben. Zumal sich an verschiedenen Drehorgel-Orten der zweijährige Turnus bewährt.
Zum Beispiel Minfeld
Zu diesen gehört zum Beispiel
das 1732-Seelen-Dorf Minfeld in der Pfalz, dessen Drehorgelfest zu Marke und
Aushängeschild geworden ist; mit einem besonders prominenten Orgelspieler: dem
Bürgermeister!
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